Umweltschutzorganisationen zeigen rechtlichen Ausweg aus der Stadtstraße auf

GLOBAL 2000, ÖKOBÜRO, VCÖ und WWF fordern Überarbeitung der Planung sowie Ausbau von Öffis und Rad-Infrastruktur statt autobahnähnlicher Stadtstraße

(Wien/OTS) - Nach dem Stopp des Lobau-Tunnels würde die autobahnähnliche Stadtstraße ins Leere laufen. Trotzdem wird sie für die Stadtentwicklung Wiens als alternativlos dargestellt. Nun zeigen Umweltschutzorganisationen gemeinsam mit Jurist:innen des ÖKOBÜRO einen rechtlichen Ausweg auf: „Statt Baustellen-Besetzer:innen mit Klagsdrohungen mundtot zu machen, sollte die Stadt Wien und Bürgermeister Michael Ludwig an einer nachhaltigen Mobilitätslösung arbeiten. Die autobahnähnliche Stadtstraße ist ein Projekt aus der verkehrspolitischen Steinzeit und völlig überdimensioniert. Es braucht eine Überarbeitung der Planung und wir können heute darstellen, dass das rechtlich auch möglich ist. Es fehlt nur der politische Wille", stellt Agnes Zauner, Geschäftsführerin von GLOBAL 2000, fest.

In einer Analyse legen die Jurist:innen von ÖKOBÜRO den rechtlichen Ausweg dar, der eine Überarbeitung der Pläne möglich macht. "Die sogenannte Stadtstraße wird fälschlicherweise als alternativlos dargestellt, tatsächlich kann aber natürlich ein Änderungsantrag zur UVP eingebracht werden, in dem ein anderes Verkehrskonzept vorgelegt wird. Eine neue UVP ist nicht zwingend notwendig. Das ist ein juristischer Ausweg, der sowohl eine nachhaltige Mobilitätspolitik als auch den raschen Bau von leistbarem Wohnraum möglich macht," so Gregor Schamschula, Umweltjurist von ÖKOBÜRO.

Wien hat beschlossen, den Anteil des Pkw-Verkehrs von derzeit 27 auf 15 Prozent im Jahr 2030 zu reduzieren und im Jahr 2040 klimaneutral zu sein. „Aus Verkehrssicht ist die überdimensionierte Stadtstraße nicht notwendig, weil es erstens bessere Lösungen gibt und zweitens bessere Lösungen braucht, die im Einklang mit den Mobilitätszielen und Klimazielen der Stadt stehen. Denn Straßenausbau verursacht mehr Verkehr. Wir müssen Strukturen schaffen, die es den Menschen so einfach wie möglich machen, klimaverträglich mit Öffis, Fahrrad oder zu Fuß mobil zu sein. Wien war vor 100 Jahren Vorreiter beim sozialen Wohnbau und jetzt kann Wien Vorreiter beim ökosozialen Wohnbau werden, durch eine Siedlungsentwicklung für 60.000 Menschen, die die Mobilitätssituation für den gesamten Stadtteil verbessert“, stellt VCÖ-Experte Michael Schwendinger fest.

Die Naturschutzorganisation WWF erinnert an den enormen Bodenverbrauch des Straßenprojekts. "Die massiven ökologischen Folgen der Versiegelung sind längst bekannt: Nicht nur negative Auswirkung auf Tier- und Pflanzenwelt, sondern vor allem in Ballungszentren auch gesundheitliche Folgen für die Menschen: Der Hitzeinsel-Effekt wird immer spürbarer, Luftverschmutzung und Schadstoffe direkt neben Wohngebieten belasten die Menschen“, kritisiert Maria Schachinger, Bodenschutzsprecherin des WWF Österreich. Gerade in den Stadtentwicklungsgebieten müsse auf den Bodenschutz mehr wert gelegt werden.

Können UVP Bestandteile geändert werden?

Ja. Änderungen von Projekten sind natürlich möglich und kommen oft vor. Wenn bereits ein Bescheid erlassen wurde, kann auch nachträglich eine Änderung erfolgen. Dazu ist, je nach Art der Änderung dann eine neuerliche UVP nötig, wenn die Änderung entsprechend umfangreich ist. Bei Änderungen, die für sich genommen keinen Schwellenwert des UVP-G überschreiten und auch nicht potentiell erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können, ist keine neue UVP nötig, sie können dann in einzelnen Verfahren abgehandelt werden. In unklaren Fällen kann durch Projektwerbende eine UVP-Feststellungsprüfung bei der Behörde beantragt werden.

Was heißt das für die Stadtstraße?

Die Stadtstraße ist in der UVP Seestadt als Bedingung für deren Errichtung als Teil des in der UVP bezeichneten Verkehrskonzepts genannt. Eine Änderung dieses Verkehrskonzepts ist eine Projektänderung, die selbstverständlich möglich ist. Wird ein neues Verkehrskonzept entwickelt, welches ohne die Stadtstraße in der derzeitigen Form auskommt, ist nur eine UVP-Änderung, keine neue UVP notwendig. In diesem Verfahren entscheidet die Behörde, wie umfangreich die notwendigen Verfahrensschritte sein müssen. Von einer „neuen UVP“ kann dabei nicht gesprochen werden. Auch wenn ein neues Projekt konzipiert würde, das für sich genommen einer UVP bedarf, ist dafür im Schnitt (laut UVP-Bericht) mit einer Verfahrensdauer einer komplett neuen UVP ab Vollständigkeit der Projektunterlagen von 7-12 Monaten zu rechnen.

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